A Nice visit...
von Martin L.
(merci!)

1. Tag

Freitag, 3:30, der Wecker klingelt und ich schaue aus dem Fenster in die gleiche Dunkelheit von vor zwei Stunden. Weniger oft umgedreht als sonst, aber doch widerwillig aufgestanden packe ich meine Zahnbürste nochmal aus dem Rucksack aus und frage mich warum man auch im Wissen das man fuer etwas Schönes aufsteht misepetrig und widerwillig ist.

U-Bahn um 4:20 - die erste - und mit der S-Bahn vom Hauptbahnhof in den Nieselregen. Die frühe Stunde und der Weg zum Flughafen machen mich und die blonde Frau auf der Bank am Bahnhof zu Komplizen; "Schon seltsam, daß um diese Uhrzeit so viele Leute unterwegs sind...".

Am Flughafen ist das hohe Zeltdach des Terminal 2 noch vom Kaltblau der Nacht erfüllt, die Schalter im Gebäude leuchten fahl dagegen an. Dank einer Helferin die ihre Uniform so natürlich wie ihren Akzent trägt, gelingt es dem Lufthansa-Automaten ein Ticket zu entlocken. Zwei Flaschen Augustiner müssen noch in die Reisetasche umziehen (man sollte seinen Rucksack einfach nicht wiegen...), aber dann hat alles seine Ordnung.

Rollbänder, Bus, Candair Jet, Sandwiches in Pappe, Tomatensaft, ein Glas Wasser, Wolken und Berge die in der Sonne Schatten werfen, ... - Nizza.

Die Sonne in der Ankunftshalle vertreibt die letzten mürrischen Gedanken, ich ziehe zwei Schichten aus, suche mir einen Platz neben zwei Herren auf einer Bank und warte. Ein paar Gespräche unter Freunden später kommt Eva zur Tür herein... Beim Begrüßen ist ein kurzer Zweifel zu spüren - französischer Wangenkuss? - dann kommt die herzliche Umarmung. Mit einem "das ist also Nizza" bringt Eva mich zum Auto und kurz darauf steht meine Reisetasche in Evas 9 Quadratmetern, was zur Folge hat, das man für die nächsten Tage die Tür des Zimmers 1331 nur noch im Profil passieren kann.

Mittlerweile ist es gegen 9:00 und damit entweder Zeit wieder ins Bett zu gehen oder aber ein Frühstück aufzutreiben. Mit dem Klischee eines ganzen Bol voll Café au Lait im Kopf wünsche ich mir zweiteres und wir machen uns, nachdem die mitgebrachten Flaschen Augustiner ausgepackt und zu ihren Kollegen früherer Besucher gestellt sind, auf den Weg.

An der Hauptstrasse angekommen begutachten wir ein paar Boulangerien und Cafés, aber Presslufthämmer und Anderes treiben uns schliesslich bis zur Bushaltestelle: "Dann doch gleich in die Stadt". Die ersten zwei "Reisen" einer Carte 17 Voyages bringen uns in die Nähe der Fussgängerzone und kurz darauf schlendern wir durch die warme Morgensonne.

Besonders viele Cafés haben noch nicht auf, und schliesslich landen wir bei "Heineken", wo sich das Frühstück nicht auf der Karte aber auf den Tellern der Tischnachbarn finden lässt - allerdings haben die nur Brot und Marmelade. Croissants? Gibt es nicht erklärt uns der Kellner, wir könnten aber welche beim Bäcker über die Strasse kaufen. Neugierig wieviel mein Schulfranzösisch noch taugt gehe ich los. "Deux Croissants" - gibt's nicht, nur noch kleine; dann davon aber drei. Zwei Kugeln Häagen Dazs runden das Frühstück ab und wir promenieren uns - comme il faut - entlang der Promenade des Anglais nach hause. Unwahrscheinlich in welchen Blautönen das Meer glitzert - die Cote d'Azur trägt ihren Namen nicht zu Unrecht.

Der Nachmittag gehört dann auch ganz dem Strand. Nachdem ich mich ein wenig "eingerichtet" (lies, den zur Verfügung stehenden Boden auf ein Minimum dezimiert) habe, steigen wir ein weiteres mal von unserem Berg und legen uns dank Evas vier Quadratmetern Handtuch relativ bequem auf den Kies am Meer. Unweit pellen sich zwei Italienerinnen in farblich unpassenden Oberteilen, aber insgesamt ist der Strand noch relativ angenehm leer. "Ist ein bisschen wenig Stoff, eigentlich wollte ich den Bikini erst gegen Ende der Saison anziehen" - irgendwie fühlen wir uns scheinbar beide ein dennoch ein wenig auf dem Präsentierteller. Entsprechend ungelenk schmieren wir uns mit Sonnencreme ein; verbringen aber dann mit Dösen, Gesprächen, einer ziemlich pointenlosen Kurzgeschichte von T.C. Boyle angenehme Stunden in der Sonne.

Das Meer ist noch ordentlich kalt aber eine willkommene Abwechslung zur stechenden Hitze der Sonne. Am Abend rächt sich T.C. Boyle; wir beide haben einen einseitigen Sonnenbrand vom langen Liegen in der tiefstehenden Sonne und ein paar interessante Muster auf den Rücken dokumentieren die jeweilige Zurückhaltung beim Eincremen des Anderen.

Mit der Hitze der Sonne unter der Haut folgen wir dem letzten Licht des Tages in Richtung Antibes und sehen - in Begleitung von Kathrin, Eva's neuer "Zimmernachbarin" - bei einem Pastis auf dem Dorfplatz dem immer goldeneren Licht auf den Fassaden zu. Ein Spaziergang durch die kleinen Gassen der Altstadt lässt uns schliesslich auf einer hohen Festungsmauer über dem Meer stranden und begleitet vom sanften Rauschen der Brandung schauen wir dem Sonnenuntergang zu. Und obwohl wir zugesehen haben, oder vielleicht gerade deswegen, bin ich als wir wieder aufbrechen überrascht davon, wie dunkel es ist. Mit der Stimmung aus Glück und Sehnsucht die das Meer immer in mir hinterlässt laufen wir wieder in Richtung "Stadt".

In Antibes ist Stromausfall! Doch anstatt aufgeregt durch die Strassen zu laufen, zündet ganz Antibes Kerzen an und unterhält sich in Kneipen und Restaurants einfach weiter. Und doch ist die Kulisse aus murmelnden Scherenschnitten eine ganz andere als an elektrisierten Abenden.
Eva führt uns in die "Cozy Bar", die mir wie erwartet ganz ausgezeichnet gefällt: Ein winziges Kellergewölbe mit einem Sammelsurium altmodischer Couchen und Stühle, die Karte in weisser Schrift auf einer alten Schallplatte, die in einer ebenso alten Schreibmaschine auf unserem Tisch steckt. Ein Filou tanzt zur Tür herein und scherzt über den Stromausfall; man ist unter sich. Dennoch klingt der Abend aus meiner Sicht nicht ganz malerisch aus; würdigt mich doch der Filou eines mitleidigen Blickes als Eva ihm erklärt das ich kein Französisch spreche und unterhält sich charmant scherzend mit Eva und Kathrin. Beides goutiert mein Ego überhaupt nicht und ich möchte mich - wider besseren Wissens von niemandem angegriffen worden zu sein - gerne "wehren". Mit gemischten Gefühlen auf der Heimfahrt freue ich mich schliesslich in meinen Schlafsack zu kriechen und "Gute Nacht" gewünscht zu bekommen.

2. Tag

Frühstück. Gestärkt mit einer grossen Tasse Tee und einem ebenso grossen Pulver-Cappuccino gehen wir bei "Champion" einkaufen. Einmal mehr bin ich erstaunt, wie sich in den Kleinigkeiten der Charakter eines Landes, einer Stadt, den Weg bahnt - gerade in der Uniformität eines Supermarktes. Immer wieder taucht zwischen Bekanntem irgendein Artikel auf, den es bei uns nicht gibt. Und spätestens die Größe der Käsetheke und das Vorhandensein einer Fischtheke bestätigen das diffuse Gefühl endgültig. Beladen mit Wasser, zwei Flaschen Bier "Treize", diverser Wurst, Käse und Keksen sowie zwei Foto-Filmen - die in Nizza mit dem darin enthaltenen Silber aufgewogen werden - steigen wir mit einem Zwischenstopp bei einer Boulangerie wieder den Berg hinauf und Frühstücken schliesslich im Bett. Weniger des Wunsches, mehr der Notwendigkeit halber, aber dennoch sympatisch improvisiert und ausgesprochen lecker.

Nach dem Stadtbesuch in Antibes am Vortag beschliessen wir den Tag der Natur von "Alpes Maritimes" zu widmen. Da sich keiner zwischen "Bergsteigen" in Courmette und dem Herumkraxeln in den Gorges-du-Loup entscheiden mag, beschliessen wir - Kathrin ist auch wieder mit von der Partie - mit den Gorges anzufangen und dann je nach Lust und Laune noch weiterzufahren. Wir folgen der Strasse in die Schlucht durch Tunnel und entlang bewachsener Felsformationen bis zum derzeitigen Ende der Bauarbeiten. Ein Schild kündet dabei von den Bemühungen des Sisyphos, was erklärt warum der Bau wohl nur schleppend vorankommt.

Ein Stück auf der Strasse zurück kann man in die Schlucht hinuntersteigen und einen kurzen Abstieg später sitzen wir auf den vom Wasser rundgeschliffenen Felsen und schauen in das grün-blaue Wasser eines Bassins unter einem kleinen Wasserfall. Eva und ich picknicken, Kathrin geniesst die Sonne und gelegentlich steigt ein Urlauber durchs umstehende Unterholz. Wir scherzen, fotografieren und ich stecke meine Beine ins Wasser, ein Stück Baguette mit Gänseleberpate in der Hand. Dass die vermeintlichen Triebe eines Baumes im Wasser Beine entwickeln und bald darauf über meine Füße krabbeln ist da nur noch eine schmunzelnde Feststellung. Übermütig und von Sonne und den Bildern der badenden Eva animiert beschliesse ich ins Wasser zu springen. Pfau der ich bin, gerade in weiblicher Begleitung, vom gegenüberliegenen kleinen Wasserfall aus. Ein paar Fotos später ist meine Unterwäsche wieder trocken und wir fahren weiter.

Um auf die "Hochebene" von Courmettes zu kommen, muss vor allem Evas Twingo sich verausgaben. Die gleichnamige Strasse hat, zumindest dem Gefühl nach, eine Steigung von 20% oder mehr und einige ordentliche steile Serpentinen. Zwischendurch begrüsst ein grosser Hund uns mit viel Interesse - wäre Eva langsamer gefahren, wären wir wohl aus Sympathie abgeschleckt worden - später begegnet man höchstens noch Ziegen. Auf dem "Parkplatz" des Hotels angekommen, folgen wir dem "obligatorischen" Pfad für Besucher und geniessen kurz darauf einen traumhaften Ausblick über die Bucht von Nizza. Eine weitere willkommene Gelegenheit Fotos zu schiessen und in der Sonne zu liegen.

Spätestens jetzt ist jegliche Motivation Schritte bergauf zu machen verflogen und wir gehen nahtlos zum Apero in Haut-des-Cagnes über. Nachdem das Auto im Bauch des Berges verschwunden ist, empfängt uns auf dem Dorfplatz das Frankreich der Postkarte. Männer die sich vehement beim Boule-Spiel streiten, eine bunte Gruppe junger Leute die bei Wein und Schinken zusammensitzt, spielende Kinder die mit Plastikschwertern die wohl trägsten Hunde der Welt in Schach halten und einmal mehr das goldene Licht das den Abend ankündigt. Unweit der "Weltmeisterschaftsstrecke" für Boules Carrées, einer abschüssigen Dorfstrasse auf der mit viereckigen "Boules" gespielt wird, kaufen wir eine hausgemachte Salami und schlendern in Richtung Tiefgarage. Der Berg kreißt und gebiert einen Twingo; schon bald darauf sind wir wieder in Nizza und stürzen uns ins Nachtleben.

Auf dem Programm steht Evas derzeitige Lieblingsband, "The Running Birds", die eigentlich gar nicht aus Frankreich kommen, sondern aus dem italienischen Ventimiglia, aber dennoch längst alle in Nizza wohnen und fliessend französisch sprechen. Auch sonst sind die Guten recht sprachbegabt, was sich etwa in der Wiedergabe von Rammstein-Texten zeigt. Wir spazieren an Frankreichs kleinster Disco - ein Zimmer in Evas Gang aus dessen offener Türe laute Musik dröhnt - vorbei in Richtung Bus, wo wir Loubna treffen, die "Inhaberin" der Disco, die mir Komplimente wegen meiner Haare macht und die weitere Busfahrt fleissig gestikulierend Eva von nichtvorhandenen Heiratsplänen, der Abendplanung von Nizza über Cannes und noch weiter, sowie über die Kopfschmerzen die Rockmusik bei ihr hervorruft erzählt.

In der Altstadt angekommen, spazieren wir zuerstmal zum Cours Saleya und speisen dort, bedient von einem - wäre es eine Filmfigur - köstlich überzeichneten Kellner, Moules et Frites sowie ein Lamm. Danach steuern wir dem Ausgangspunkt der meisten Abendunternehmungen, dem Palais de Justice, zu und bestellen bald im Gedränge des Irish Pub ein Bier, die Running Birds haben gerade Pause. Ist aber auch bitter nötig, denn kurz darauf, vom Barkeeper mit der Stadionhupe angekündigt, geht der Punk, äh, Pub ab wie man es nur selten gesehen hat. Wenn sie Tanzen dann doch bitte auf den Tischen, die sind stabiler, Danke! Aus einem gemütlichen Bier nach der Show wird nichts, die Running Birds haben bis zur Sperrstunde gespielt und wir werden hast-du-nicht-gesehen hinausgeworfen. Mit einem verrissenen Genick aber der glücklichen Erschöpfung nach solchen Verausgabungen spazieren wir am Meer entlang nach Hause.

3. Tag

Ausschlafen. Der Hals schmerzt noch immer und ich Sonne mich im empfundenen Glamour eines Filmdetektivs am Morgen danach. Der Scotch zum Frühstück kann zugunsten Kaffee, etc. gottseidank entfallen, die Gesellschaft der zauberhaft zerknitterten Eva muss es dankenswerterweise nicht. Mit der gebührenden Langsamkeit kommen wir dem Tag entgegen und fahren schliesslich gegen Mittag zur Cours Saleya, wo Kellner und Moules vom bunten Treiben des Markts verschluckt sind. Von Holzrosen bis zu hausgemachten Gelees gibt es alles zu kaufen, die Hauptattraktion für uns ist aber der Olivenstand an dem man sich durch ganze Reinen verschiedenster Oliven durchfuttern, Verzeihung, -probieren kann. So degustieren wir fleissig und kaufen danach - dem Einheitspreis sei Dank - je ein bunt gemischtes Schälchen. Ein paar Süßigkeiten und eine kleine Auswahl Schafskäse vom Bauern in Reifegraden von Frischkäse bis verschimmelter Stein runden den Einkauf ab.

Nach dem Markt spazieren wir noch eine ganze Weile durch die kleinen Gassen der Altstadt und bestaunen Kuriositäten wie etwa den Eisstand mit den wohl aussergewöhnlichsten Eissorten der Welt; Tomate-Basilikum mit einer Kugel Balsamico? Kein Problem. Nach einem Zwischenstopp Zuhause tragen wir unseren Hunger auf den kleinen Hügel der die Altstadt von Nizza vom Hafen trennt, und der allgemein als die Geburtsstätte der Stadt gilt. Louis XIV ließ dort nach dem spanischen Erbfolgekrieg die Wehranlagen demontieren. Heute ist der Hügel mit einem Aufzug und Souvenirständen für Touristen bewehrt, zwischen denen aber dankenswerterweise noch Platz ist für einige schöne Wiesen samt Meerblick. Auf einer solchen kommen wir schliesslich zu liegen und diskutieren bei Brot, Wein, Käse und Oliven darüber ob so ein Diner jetzt eigentlich schon der Dekadenz zuzurechnen sei oder ob das ganze eher noch unter allgemeines Savoir-Vivre fällt. So oder so verbringen wir vor dem Hintergrund marschierender Tauben schöne Stunden im Licht des Sonnenuntergangs.

Als die Sonne schliesslich mit ihrem Licht zu geizen beginnt, ruft Eva Kathrin an und wird verabreden uns noch auf ein Bier in der Stadt. Genauer muss Kathrin noch ein bisschen überredet werden, braucht der Bus doch eine ganze Weile bis zum Stadtzentrum. Dann trinken wir eben schonmal ein Bier und warten; mit diesem Plan steigen wir die Treppen hinab in Richtung Altstadt. Auf halbem Weg, kündigt eine Barke in verschiedenen Sprachen an der Berg sei geschlossen, was nur zu einem müden Lächeln reicht, gemeint ist sicher der Aufstieg. Eine Treppe vor dem Ziel müssen wir uns eines besseren belehren lassen, der Berg ist in der Tat geschlossen und zwar mit einem abgesperrten Gittertor dekoriert mit ausladender Metall-Spitze, die Kletterer entmutigen soll. Mit gespieltem Ärger (diese Franzosen!) steigen wir die Treppen wieder hinauf und nehmen eben den nächsten Weg, der - wie du, geneigter Leser bereits vermutest - ebenso an einem verschlossenen Tor endet.
Auf dem Weg nach oben treffen wir eine Gruppe Jugendlicher die auch auf der Suche nach dem Ausgang ist und man stellt gemeinsam fest, das auch das dritte Tor abgeschlossen ist. Galgenhumor macht sich breit und man schmiedet Pläne für ein weiteres Picknick. Das nächste Tor ist ebenso abgeschlossen, sieht aber von den bisherigen Toren noch ein "einladendsten" zum Klettern aus. Schliesslich erreichen wir nach einer kompletten Umrundung des Hügels das letzte Tor, wo wir von einem Einheimischen auf der anderen Seite mit den Worten "Nehmt doch ein anderes Tor" begrüßt werden. Irgendwie gelingt es aber einem unserer neuen Freunde zu guter letzt doch, das Tor zu öffnen, und wir kommen - deutlich später als Kathrin - in der Altstadt an, wo das Abenteuer mit zwei Bier seinen gebührenden Ausklang findet.

Feierabend in den

4. Tag

An meinem letzten Tag in Nizza muss ich gezwungenermassen allein losziehen, da Eva bei Eurekom mit dem dressieren von Agenten beschäftigt ist. So verabschiedet sich Eva nach einem gemeinsamen Kaffee und "räumt das Bett", was ich zur Gelegenheit nehme noch zwei weitere Stunden etwas komfortabler gebettet zu schlummern. Danach gehe ich bewaffnet mit der Carte 17. Voyages, meiner buntesten Touristenkleidung sowie meiner geliebten Kamera auf Wanderschaft und schreite ein weiteres mal Altstadt, den Hafen und den Schauplatz des Abenteuers des Vortags ab. Diesmal das Auge eher durch den Sucher der Kamera gerichtet.
Irgendwie bin ich ein wenig melancholisch, bekomme aber auf dem - diesmal geöffneten - Weg herab vom Berg ein "Bonjour" samt einem hübschen Lächeln geschenkt, was die Laune deutlich hebt. So findet sich unter der Laune auch der Hunger wieder, der nach einigen Irrungen durch die Altstadt - schon wieder diese verdammte Kirche! - mit Socca und Pissaladiere gestillt wird. Ersteres ist eine Art Crepe mit Kichererbsen, zweiteres ein Zwiebelkuchen mit Sardinen, beides sind Spezialitäten von Nizza. Interessanterweise bestellt man seine Getränke nicht an der Ausgabetheke des Lokals, sondern bei einem Kellner des Lokals gegenüber, der mich irgendwie an Jack Lemmon als Flic in "Irma la Douce" erinnert. Jack Lemmon kommt mit seinem französischen Charme an meinem Tisch und setzt gerade an der "Madame" etwas bringen zu wollen als er sich bestürzt entschuldigend feststellt das Madame ein Monsieur ist. Ein breites Grinsen später habe ich eine "Coca" auf dem Tisch stehen und die Welt ist in Ordnung.

Vor der Heimfahrt steht noch ein Besuch bei "Monoprix" auf der Tagesordnung, um ein paar französische Köstlichkeiten für die Küche in München zu erstehen. Und kaum hat man das Gefühl abgeschüttelt im falschen Laden zu sein - der Lebensmittelbereich versteckt sich hinter Kosmetik und Haushaltsartikeln - steht einem die französische Warenwelt an endlosen Theken zur Auswahl. An einer solchen gibt es diverse eingelegte Köstlichkeiten und Ich erstammele mir ein paar Babytomaten in Öl sowie einen in Speck eingewickelten Frischkäse. Zum Dank bekomme Ich von der wunderschönen Trägerin zweier blonder Zöpfe hinter der Theke ein weiteres Lächeln sowie die - das jedenfalls glaube Ich - Erklärung das man um diese Uhrzeit aber endgültig nicht mehr "Bonjour" sage... Vive la France! Gutgelaunt erstehe Ich eine Flasche Pastis sowie einen guten Rotwein und bin ausgesprochen amüsiert als Ich an der Käsetheke ein weiteres mal für "Madame" gehalten werde. Ich hätte der Dame gerne erzählt das mir das häufiger passiert.

Schwer beladen suche Ich nach einer Bushaltestelle, um vor Eva wieder ins Wohnheim zu kommen - Ich habe schliesslich ihren Schlüssel - muss mich aber dem Bussystem von Nizza geschlagen geben. Als endlich eine Haltestelle gefunden ist und auf dem Plan ein Bus ausgemacht, der in die richtige Richtung fährt, kommt dieser nicht. Eine Haltestelle weiter wird mir dann auf Nachfrage erklärt, das diese Linie hier nicht (mehr) fährt sondern eine Querstrasse weiter. Die beschriebene Bushaltestelle finde Ich nicht, lerne dabei aber noch ein paar eher langweilige Strassen von Nizza kennen. Als schliesslich Eva anruft wo Ich bleibe, habe Ich endlich eine Bushaltestelle gefunden und komme mit ordentlich Verspätung im Wohnheim an. Aus diesem Grund muss das geplante Picknick in Evas Zimmer stattfinden und schon bald darauf sind wir auf dem Weg zum Flughafen - wo man uns mitteilt, das der Flug eine Stunde Verspätung hat.

Doch schliesslich tragen mich Nacht und Lufthansa auf ihren Schwingen nach Hause und mir war, Ich träumte von Nizza...