Mittwoch, 3. November 2004 |
Nachdem am Wochenende meine Eltern zu Besuch waren (und lauter tolle Sachen mitgebracht haben, die ich daheimgelassen habe - wer hätte gedacht, daß ich mich mal so über meine Formelsammlung freue?) hatte ich einen Tag lang Probleme, wieder ins Französische zu finden - das Zuhören war nicht das Problem, nur die einfachsten Antworten sind mir partout nicht eingefallen... Mit meinen Eltern hab ich direkt mal ein paar touristische Sachen geschafft, das hab ich bis dahin eher vernachlässigt. Wir waren also auf Besichtigungstour auf dem Markt am Cours Saleya (jeden Sonntag vormittag) und im Matisse- und dann im Chagall-Museum. Ersteres für meinen Geschmack etwas eintönig, letzteres wirklich beeindruckend, allein schon wegen der kräftigen Farben. Viele Museen sind übrigens den ersten und dritten Sonntag im Monat gratis zu besichtigen. |
Mittwoch, 10. November 2004 |
Heute war der letzte Schultag für diese Woche, danach ist frei, verlängertes Wochenende. Die meisten Leute, die ich bisher kenne fahren heim zu den Eltern oder sind sonstwie verplant. Tja, ich hab mir im Kurs heute vormittag (Outils pour les nouvelles Interfaces Homme-Machine) eine Webcam ausgeliehen und werde vielleicht/wahrscheinlich tatsächlich die Zeit zum Arbeiten nutzen... Letzten Donnerstag war ich mit einer Handvoll Erasmus-Studenten weg, erstmals in Vieux Nice. Zuerst waren wir im Wayne's, gleich neben dem Palais de la Justice (links davon, die dritte Kneipe). Ein englischer Pub mit ebensolchen Barkeepern - sehr sympathisch. Noch dazu stellte sich heraus, daß Ladies Night war und infolgedessen die Damenwelt für satte 2 Euro den ganzen Abend Wein oder gar Champagner trinken konnte (ich habs bei Rosé belassen, hat so schon für Kopfweh am nächsten Tag gereicht). An unserem Tisch trafen sich also ein paar Spanier, Belgierinnen, Polinnen, Italiener und ein paar Schweizer, eine bunte Mischung also. Es scheinen sich alle schon recht gut zu kennen, da muß ich erstmal reinfinden. War aber recht cool, gesprochen wurde ein rechtes Kauderwelsch aus allen möglichen europäischen Sprachen, leider hauptsächlich Englisch. Im Wayne's sind wir ein paar Stunden geblieben, danach gings weiter zum "CheckPoint", auch eine Bar, die man durchquert um in den Keller zu kommen, wo nochmal eine Bar ist, wo aber zwischen den Tischen (zu viel zu lauter Musik!) getanzt werden kann. Ungefähr um halb zwei hab ich mich dann verabschiedet und mich auf die Suche nach der nächsten Haltestelle der Linie N4 gemacht, die ich wie üblich erst nach circa einer Dreiviertelstunde Fußmarsch gefunden habe - vielleicht sollte ich mir das mal bei Tag in Ruhe anschauen... | |
Am Samstag war ich bei Julie zum Geburtstag eingeladen, hat mich sehr gefreut! Es gab Raclette: Es wird in den Pfännchen tatsächlich nur gleichnamiger Käse geschmolzen, der dann über Kartoffeln oder Schinken, Salami, ... gegossen wird. Nachdem ich in der Gegend hier immer noch keine Wege finde, hole ich zu solchen Gelegenheiten meist Floxy und knacki ab, die eh auf der Strecke liegen und hab damit gleich ein paar Führer. Dieses Mal hab ich nach der Party bei den beiden im "Salon" übernachtet, damit ich ausnahmsweise was trinken kann. Floxy, der uns heimfahren sollte, ist allerdings recht schnell müde geworden, von daher waren wir nicht zu lange weg. Am Montag hab ich das Kino der ESSI getestet, CinESSI. Das sieht so aus, daß man sich in einem der beiden Hörsäle (das andere sind Klassenzimmer) trifft und über den Vorlesungsbeamer eine DVD anschaut, in dem Fall FightClub (den ich tatsächlich gar nicht mehr so im Gedächtnis hatte). Englisch mit französischen Untertiteln, es waren ganze 6 Leute da, trotzdem war's nett, ich schätze, das werd ich nächsten Montag wieder probieren. Eintritt ist frei. |
Mittwoch, 17. November 2004 |
Heute ist wohl der Tag des allgemeinen Netzzusammenbruchs aller Handybetreiber Frankreichs. Heute vormittag hat das Handy von Julie den Geist aufgegeben (Bouygtel), jetzt finde ich mit meinem kein Netz mehr. Und das, wo ich grad mitten im Gespräch war und so stolz drauf, daß ich jetzt sogar schon einigermaßen französisch telefonieren kann. Bisher hatte ich große Probleme, Leute zu verstehen, die ich nicht gleichzeitig sehe. Telefoniert hab ich mit Xavier, das ist umso erstaunlicher, weil ich schließlich mit ihm die größten Verständigungsprobleme hatte. Schade, war ein gutes Gespräch bis plötzlich das Netz weg war. Ein paar Stunden später gings wieder, nachdem ich das Telefon "neugestartet" hab, komisch. X. hat mir inzwischen auf die Mailbox gesprochen, daß mein deutscher Akzent wirklich enorm wäre, woraufhin ich umgehend wieder die ursprüngliche Mailbox-Ansage gesetzt hab - die zwar elektronisch aber dafür nahezu akzentfrei französisch spricht. ;-) |
Freitag, 19. November 2004 |
Also, Freitag keine Vorlesungen zu haben, das hat schon was. Hab mir wie üblich einiges vorgenommen, was ich heute mache, aber bevor ich noch aufgestanden bin ist schon das erste Vorhaben gescheitert: Wäsche waschen kostet 2,80 Euro und ich weiß nicht, wo ich die hernehmen soll. Hab von meinem Stipendium noch nichts gesehen, daher kann ich mir die kleinsten Sachen nicht leisten. Hab am nächsten morgen Julie gesagt, daß ich mir das Stück nicht unbedingt zutraue aber gern was singen würde; sie meint, naja, ich bräuchte es nur sagen. Zur Zeit trau ich mich aber noch nicht,schließlich müßte ja die Band dann extra für mich was üben, kommt mir etwas komisch vor. Vielleicht wenn ich alle besser kenne. Das wäre aber natürlich echt genial, wenn da was zustande käme. Dann hätte ich dieses Jahr zwei Träume mit einer Klappe geschlagen: Ich bin in Frankreich und singe in einer Band! Vive la France! |
Samstag, 20. November 2004 |
Das nenne ich Stimmungsschwankungen. Gestern hab ich mich noch sehr auf die Feier bei Antoine heute gefreut und heute hab ich mich den größten Teil der Party entweder gelangweilt oder deprimiert gefühlt. Es waren wohl zuviele neue Paare da, Vicky ist doch tatsächlich mit Jérôme zusammengekommen, Julie geht mit Pierre und ich sitze alleine da. Soll keine Beschwerde sein, schließlich kann niemand was dafür, aber ich bin mir heute sehr verlassen vorgekommen. Habe auch ewig mit der Entscheidung gerungen, ob ich was trinken und bei den Jungs übernachten soll (hat letztendlich den Zuschlag bekommen) oder ob ich weiter nichtalkoholisch vor mich hinsinniere und dann nach Nizza fahre, um da vollends allein zu sein. Im Moment sitze ich also im Salon meiner Lieblingsfranzosen-WG, die Bewohner sind schon ins Bett gegangen. Diesem Vorbild werde ich nun also auch folgen, schließlich ist es reichlich spät (früh?) und vergleichsweise angeheitert Tagebuch zu schreiben eignet sich nicht für einen Reisebericht im Netz! |
Sonntag, 21. November 2004 |
Der Morgen danach, das Haus wacht (mit zunehmendem Geräuschpegel) allmächlich auf, ich würde fast sagen, das kommt leicht an JeanMedecin-Verhältnisse ran. Die Jungs sind noch nicht aufgewacht, zumindest hat sich noch keiner aus seinem Zimmer getraut. |
Freitag, 26. November 2004 |
Endlich ist mein Stipendium unter Dach und Fach. Nachdem ich am Montag einen Brief bekommen habe von der Crédit Lyonnais, ich solle bis 25.11. Highnoon schauen, daß ich Geld auf mein Konto bekomme (ich hab die Miete per Scheck gezahlt, ohne Geld zu haben, das ist dann gleich Scheckbetrug!), wurde es ziemlich dringend, also hab ich nochmal im Chateau Valrose vorbeigeschaut. Dort hat mir Mme Berlioz bestätigt, daß sie im Verzug wären, aber ich würde demnächst einen Scheck für die ersten drei Monate bekommen. Das Privatleben bleibt auch spannend, am Mittwoch war wieder Spieleabend in der Cafete, es sollte "Coinche" gespielt werden, angeblich das meistgespielte Kartenspiel Frankreichs. Und was haben wir gemacht? Kicker gespielt und Jungle Speed (es geht darum, möglichst schnell Muster auf den Spielkarten zu erkennen und seinen Kartenstapel loszuwerden...). Und zu guter Letzt hab ich den Franzosen Wizard beigebracht. Es wurde auch fleißig versucht, die Namen der Figuren auszusprechen, was bei einer Karte wie z. B. "Die Schatzmeisterin" sehr niedlich klingt. Morgen ist schon wieder eine Geburtstagsfeier, die Franzosen scheinen im Februar doch tatsächlich nix besseres zu tun zu haben... Diesmal bin ich wieder dran mit fahren - das trifft sich ausnehmend schlecht, wo ich doch mein Stipendium zu feiern habe! Naja, aber recht ham's ja, die Jungs. Gefeiert wird wieder bei Jérôme. Eine Anekdote hab ich noch, bin während des Spieleabends angerufen worden, Nummer unbekannt:
Er: Hallo, wer ist da? Eva wer? Eva - wen wolltest Du denn sprechen? Ich weiß nicht, du hast mich angerufen, deine Nummer war in meinem Handy (Hm, ich hab doch niemanden angerufen heute? Aahh, moment...) Sag mal, warst Du derjenige, der heut im Computerraum sein Handy nicht gefunden hat und sich meins geliehen hat, um es klingeln zu lassen? (verblüfftes Schweigen, dann:) ähm.. ja Tja also dann hab wohl nicht ich dich angerufen... |